Ein Rückblick auf vier Tage voller Schnee in Kyoto im Januar 2023, Teil 1/3.
写真で振り返ってみる京都の「10年に一度の寒波」①
Morgengrauen am Kawai Schrein 河合神社 (ca. 6:30 Uhr)
Von 25. bis 28. Januar 2023 hatten wir vier Tage mit mehr oder weniger Schneefall, wie ich sie so seit 2015 in Kyoto noch nicht erlebt habe. Der letzte Schneefall dieser Art war um Neujahr 2014/2015. Folgend der erste Teil eines persönlichen Rückblicks auf diese vier Tage.
Inhalt 目次
Schneefall in Kyoto 京都での過去8年の積雪を振り返って
Vor dem Sonnenaufgang 早朝の撮影 (6-8 Uhr)
Philosophenweg und Nanzen-ji 哲学の道と南禅寺周辺散策 (8-9 Uhr)
Reguläre Tempelbesuche 寺院拝観 (9-11 Uhr)
Zugabe in der Nachbarschaft 洛北アンコール (13-15 Uhr)
Alltagsimpressionen 日常スナップ色々
Hinweis: Noch suche ich eine inhaltliche und gestalterische Richtung für diesen Bereich der Website. Für diesen Eintrag habe ich mich für einen detaillierten, persönlichen Bericht (auf Deutsch!) entschieden.
Schneefall in Kyoto - Ein fotografischer (Rück-) Blick
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt sind Tage mit Schneefall - von einer Schneedecke möchte ich da noch gar nicht erst reden - in Kyoto relativ selten. Generell fällt in Japan auf der dem Kontinent zugewandten Seite sehr viel Schnee, während die Pazifikseite trockene, sonnige Winter hat. Temperaturen liegen im Durchschnitt nachts knapp über dem Gefrierpunkt und tagsüber hat es zwischen 8 und 12°C.
Der Goldene Pavillon am 20. Januar 2016, ca. 9 Uhr morgens
Dennoch gibt es jährlich meist zumindest 1-2 Tage, an denen (meist über Nacht) eine Schneedecke von 2-5cm fällt. Wenn ich all die Jahre seit 2015, die ich nun durchgehend in Kyoto lebe, einmal kurz Revue passieren lasse, dann hatten wir folgenden Schneetage:
2016: 20. Januar (bis in die Stadt), 1. März (in den nördl. Teilen)
2017: 15. Januar (viel Schnee bis in den Süden, um 12 Uhr geschmolzen), 16. Januar (nördl.), 10./11. Februar (nördl.)
2018: 14. Januar (mittel, bis in die Stadt), 25./27. Januar (angezuckert im Norden), 29. Dezember (nur Kurama/Ohara)
2019: 26. Januar (nur Kurama/Ohara)
2020: 6. und 9. Februar (nur im Norden)
2021: 18. Dezember (nur Kurama/Ohara)
2022: 14. Januar + 21. Januar (viel Schnee bis in den Süden, allerdings bis Mittag geschmolzen), 18.+21. Februar (nur im Norden)
(Quelle: eigene Aufzeichnungen. Es waren möglicherweise 2-3 Tage im Dezember mehr, an denen in Ohara und/oder Kurama Schnee lag)
Wie man sehen kann, gab es in all den Jahren nur 3 Tage in 2 Jahren (15. Januar 2017 und 14./21. Januar 2022), bei denen man wirklich von großem Schneefall in der Stadt sprechen kann, während es 2019-21 keinen einzigen Schneetag (in der Stadt) gab. Üblicherweise scheint dies mit den Wetterphänomenen El Niño und La Niña zusammenzuhängen. Bei ersterem: trockene Winter, bei letzterem: größere Chance auf Schneefall.
Tofuku-ji im Süden Kyotos am 15. Januar 2017, ca. 12 Uhr
Die generellen Probleme für Fotografen in Kyoto die Schneelandschaften fotografieren möchten?
Erstens: In der Regel schmilzt über die Nacht gefallener Schnee bis 10-11 Uhr vormittags wieder. Für ein bisschen Gartenschau am Vormittag reicht dieser Schnee zwar, allerdings ist die Sache eher stressig. Zweitens: Mikroklima. Es schneit selten bis ins Stadtgebiet. 5cm Schnee in meiner Nachbarschaft sind schön und gut. Allerdings mag das auch heißen: kein Schnee 2km südlich aber bis zu 15-20cm 5km nördlich nichts ungewöhnliches. Ein Blick auf den Schneeradar der japanischen Meteorologiebehörde JMA oder auf die mittlerweile zahlreichen Webcams des Tourismusamts hilft hier allerdings.
Daigo-ji im Süden Kyotos am 21. Januar 2022, ca. 9 Uhr (Sigma 35mm Art f/1.4)
Ich selbst zähle weniger zu der Sorte, die an jedem Schneetag die selben drei-vier Tempel besuchen (wie viele Instagrammer in Japan), sondern ich versuche, langsam aber stetig eine Reihe von Tempeln zu besuchen, immer mit einem Primär- und mehreren Sekundärzielen. So muss ich mir immer überlegen: Wo besuche ich vor der Tempelöffnungszeit um 9 Uhr? Welche Orte sind in der Nähe?
2023: Eine Kaltfront, wie sie nur alle 10 Jahre kommt
Ende Januar 2023 erlebten wir, nach einer unüblich warmen Woche, schließlich eine Kaltfront, wie sie so nur alle 10 Jahre über die japanischen Inseln zielt. Am 24. Januar gegen 16 Uhr begann es - für Kyotoer Verhältnisse - sehr heftig zu schneien und gegen 18 Uhr lagen bereits 10cm Schnee.
Schneefall am Abend des 24. September (Sigma 35mm Art f/1.4)
Anders als in einem Durchschnittsjahr blieb die sibirische Kaltluft einige Tage über Japan und so kam es, dass wir dieses Jahr nicht nur einen, sondern gleich 4 Tage, von 25. bis 28. Januar Schnee in Kyoto hatten.
Untenstehend erstmal Fotos vom 25. Januar. Mich freuend über die Schneedecke ging es an diesem Tag - wie an den meisten Tagen mit Schnee - bereits kurz nach 5 Uhr aus dem Bett, das kostbare Weiß könnte ja bis 9 Uhr geschmolzen sein. Also: los geht's!
Morgenstund hat Gold im Mund 早朝の撮影 (6-8 Uhr)
Der Ausgangspunkt für diesen Schneetag war der Shimogamo Schrein neben dem Demachi Yanagi Bahnhof. Der Wald um den Schrein ist öffentlich zugänglich und die Schreine selbst öffnen im Winter meist gegen 6:30 Uhr. Während ich im Januar 2017 (an meinem zweiten richtigen Schneetag in Kyoto) beim Hauptschrein meinen Tag begann, startete ich dieses Mal am Südende und besuchte den Kawai Schrein, der ein Unterschrein dieses Welterbes ist.
Der Kawai-Schrein im Morgengrauen
Während es nun also langsam hell wurde, versuchte ich mich an den Gebrauch von Blitz an Schneetagen zu erinnern. Bei lediglich 2-3 Tagen pro Jahr vergisst man das schnell wieder. Dennoch war bereits dieser erste Besuch ein kleiner Höhepunkt für mich. Die Schneedecke war perfekt für Fotos und die noch eingeschalteten Laternen brachten Stimmung an diesen menschenleeren Ort. Das nächste Foto war wohl gleich ein Volltreffer. Ich hatte mein Schneefoto 2023 und konnte den restlichen Tag ruhiger angehen:
Leichter Schneefall zur blauen Stunde
Aus dem Schrein raus ging es weiter in Richtung Kamo Delta, den Zusammenfluss von (nördlichem) Kamo-Fluss und Takano-Fluss zum (südlichen) Kamo-Fluss. Durch das große Torii durch und vorbei an der Mitsui Villa schließlich ein kurzer Blick auf diesen beliebten Treffpunkt in Kyoto, doch leider verbarg sich der nordöstlich gelegene Berg Hiei hinter den Wolken.
Der Weg zum Shimogamo Schrein
Blick auf die Mitsui Villa
Tadasu no Mori - Der Wald um den Shimogamo Schrein
Das Kamo Delta, ein beliebter Treffpunkt in Kyoto mit dem Berg Hiei (rechts) unter Wolken (ca. 7 Uhr, Panorama-Foto)
Vom Shimogamo Schrein ging es zu Fuß über die Kyoto Universität weiter zum Yoshida-Berg. Leider waren am Yoshida Schrein bereits die Vorbereitungen für das kommende Setsubun Fest im Gange, weshalb der Hauptschrein dort von Plastikzelten umgeben war.
Verschneiter Kirschbaum im Yoshida Schrein
Weg zum Hauptheiligtum des Yoshida Schreins
Das Hauptheiligtum des Yoshida Schreins
Hier denke ich immer gerne zurück an einen Professor an meiner Alma Mater, der in seiner Doktorarbeit über die Philosophie des Yoshida Kanetomo, des Gründers des Yoshida Schreins, schrieb. Meiner (dumpfen) Erinnerung sind in diesem Heiligtum symbolisch alle Götter des Shintoismus eingeschreint. Jedenfalls ist der Yoshida Schrein bedeutend für die Entwicklung eines nationalistischen, "japanischen" Shintoismus in der Neuzeit. Doch genug Exkurs, zurück zu meinem Schneetag.
Ca. 20 Meter weiter den Hügel rauf zum Takenaka Inari Schrein. Wie auch der bekannte Fushimi Inari Schrein im Süden Kyotos ist dieser Schrein der Fuchsgottheit gewidment und viele rote Torii führen vom Eingang zum Schrein. Eine mittlerweile bekannte Sehenswürdigkeit zur Kirschblütenschau ist der Schnee auf den Zweigen auch an solchen Tagen einen Besuch wert.
Der Takenaka Inari Schrein, einer von vielen kleineren Inari-Schreinen Japans
Detail eines Torii im Winter
Vom Takenaka Inari-Schrein ging es (über einen weiteren kleinen Schrein) wieder bergab und weiter zum benachbarten Shinnyo-dō Tempel. Unüblich für buddhistische Tempel in Kyoto ist das Tempelgelände 24/7 zugänglich. Während mein Fotokumpel sich von dort zum benachbarten Konkai Kōmyō-ji aufmachte, knippste ich lediglich ein paar Fotos von der Pagode und dem Teich, ehe ich auch schon diesen Hügel wieder gen Osten verließ und, wie immer an solchen Schneetagen getrieben von der Zeit, weiter zum südlichen Bereich des Philosophenwegs stapfte.
Halb zugefrorener Teich
Pagode im Morgenlicht
Tor zum (noch verschlossenen) Garten
Ein Rennen gegen die Zeit? 哲学の道と南禅寺周辺散策 (8-9 Uhr)
So. 8 Uhr und circa 4 Kilometer auf den Beinen. Puh. Zeit zum Durchschnaufen! An einem normalen Schneetag - und das waren bislang alle meine Schneetage seit 2016 - beginnt um diese Zeit, mit dem Sonnenaufgang, der Schnee zu schmelzen. Doch die meisten Tempel und Gärten öffnen erst gegen 9 Uhr! Stress!
Für diesen Tag war mein Plan, bis 8:40 Uhr am Nanzen-ji anzukommen. Also den Hügel hinter der Shinnyo-do runter und rauf zum Philosophenweg. Erster Stop: Der für seinen Kirschbaum und seine Pflaume bekannte Ōtoyo Schrein. Prompt begann es wieder zu schneien - was für ein Anblick! Von Schneeschmelze (noch?) keine Spur.
Am Otoyo Schrein
Stufen zum Hauptheiligtum des Otoyo Schreins, Kirschbaum in Weiß
Der zugeschneite Philosophenweg
Von dort weiter zum etwas südlich gelegenenen Nanzen-ji Tempel, einem der fünf großen Rinzai Zen Tempel Kyotos. Am (großen) Gelände angekommen ein klassisches Foto vom Weg, der das Tor mit der Studienhalle verbindet.
Der Nanzen-ji Tempel. Eine von Kyotos klassischen Ansichten
Blick zurück auf das große Tempeltor
Seitenweg
Überdachter Gang zwischen Studienhalle und Mönchsquartier
Im Nanzen-ji Tempel
Das Aquädukt im Nanzen-ji Heute ein beliebtes Touristenmotiv, vor 150 Jahren ein kleiner Skandal.
Eiszapfen, eine seltene Ansicht in Kyoto
Saisho-in, einer von vielen Untertempeln im Nanzen-ji
Gefrorenes Familienwappen
Einer der vielen Untertempel des Nanzen-ji
Geplant war eigentlich ein Besuch im Nanzen-in Untertempel, der um 8:40 Uhr öffnet. Pünktliche Ankunft, doch hm? "Heute aufgrund großer Schneemengen geschlossen." Schade. Na, kann man nichts machen.
Blick in den Nanzen-in Untertempel vom Tor aus. Leider geschlossen!
Also weiter zu dem Tempel, der regulär für 9 Uhr geplant war. Von Schneeschmelze immer noch keine Spur. Ein Blick aufs Thermometer: -4°C. Ja gibt's denn das? Bleibt der Schnee womöglich liegen? Freude!
Reguläre Tempelbesuchszeit 寺院拝観 (9-11 Uhr)
Erster Stopp: Eikan-dō 永観堂禅林寺 (9 Uhr)
Nachdem der Nanzen-in Garten leider geschlossen war, ging es ein paar Meter Richtung Norden zum Eikan-dō Zenrin-ji, einem relativ großen Tempel, der der vielleicht bekannteste Ort für Herbstlaub (unter Japanern) in Kyoto ist. Dieser Tempel hat ein weitläufiges Gelände, einige Gärten in den Gebäuden, sowie einen Aufstieg zu einer Pagode mit Aussicht über die Stadt.
Wie die meisten Tempel in Kyoto, öffnet Eikan-dō seine Tore um 9 Uhr. Zuerst eine Runde am Gelände um den Teich, dann die Gärten und am Ende noch den oberen Bereich des Tempels. Als ich dort war, änderten sich die Lichtverhältnisse quasi minütlich, weshalb jedes Foto einen leicht anderen Farbton aufweist.
Teich und Pagoda am Fuße der östlichen Berge
Brücke zum Schrein - ein beliebtes Herbstmotiv
Angezuckert
Die "Herbstlaub-Brücke" im Winter
Ahornbäume soweit das Auge reicht
Schneeweg
Die Halle des Tempelgründers
Eine Boddhisattva Statue
Blick durch ein Fenster auf den Teich
Blick von einem der Gärten zu einem Tor für den Kaiser
Blick zu einem Garten - ein bei japanischen Fotografen beliebtes Motiv
Schneebedeckter Garten (1)
Schneebedeckter Garten (2)
Schneebedeckter Garten (3)
Schneebedeckter Garten (4)
Eiszapfen
Die Spiraltreppe
"Schneeblumen" im oberen Bereich des Tempels
Zwischenstopp: Tenju-an 天授庵 (9:40 Uhr)
Weiter ging's zurück in Richtung Nanzen-ji und auf einen Kurzabstecher in den Tenju-an, einen der zahlreichen Untertempel in dieser Region. Zweigeteilt in einer vorderen Steingarten und einen hinteren Teichgarten ist der Tenju-an v.a. zur Herbstsaison sehr gut besucht. Während für den Steingarten zu viel Schnee lag, war der halbgefrorene Teich recht schön anzusehen.
Die Studienhalle im Schnee
Brücke zum Teichgarten
Gefrorener Teich
Laterne im Eis
Häuschen im Teich
Der Steingarten von Schnee bedeckt
Blick auf die Ahornbäume
Das Nanzen-ji Tor von Tenju-an aus gesehen
Eine Notiz am Rande: Den Tenju-an durfte ich bereits im Januar 2018 mit Schnee bewundern. Damals lag wesentlich weniger Schnee, was nicht nur die Akzente des Steingartens stärker hervorbrachte, sondern auch im Teich schöne Spiegelungen entstehen ließ.
Zwischenstopp: Konchi-in 金地院 (10 Uhr)
Nach dem Tenju-an schnell weiter zum Konchi-in, einem oft übersehenen Untertempel des Nanzen-ji. Dieser verfügt über einen sehr großen Steingarten, aber auch über einem dem Tokugawa Shōgun gewidmeten Mausoleum. Leider wurde um diese Zeit das Wetter recht wechselhaft - Sonne, Wolken, Schneefall - was nicht wirklich optimal war bei meinem Zeitdruck, denn zwischen 10 und 11 Uhr musste ich bereits am nächsten Ort sein.
Fotos bei Sonnenschein sind in japanischen Gärten ja relativ schwierig, aber bei der richtigen Einstrahlung bekommt man tatsächlich einen schönen blauen Himmel:
Eingang zum Konchi-in Tempel
Haupthalle
Jedenfalls wurde es gleich wieder bewölkt und fast gelblich:
Spiegelung im Teich
Haupthalle und Steingarten
Der große Steingarten des Konchi-in
Gartendetails
Tokugawa-Mausoleum
Gefrorene Brücke
Zweiter Stopp: Murin-an (10:30 Uhr)
Nach einem sehr raschen Besuch von Tenju-an und Konchi-in nun also den Hügel hinab in Richtung Stadt und weiter zum Murin-an (gesonderter Eintrag folgt), einem Garten aus der Meiji-Zeit (1868-1912), der ausnahmsweise kein Tempel ist sondern die Residenz eines damals wichtigen Politikers war und heute unter der Verwaltung der Stadt Kyoto steht. Seit einiger Zeit wird das Gebäude zudem als Café geführt, weshalb es gar nicht mehr so einfach ist, eine dieser "gerahmten" Aufnahmen - einen "Engawa-Shot" 縁側ショット - zu bekommen.
Aussicht aus dem Hauptgebäude
Innenhofgarten
Das Hauptgebäude des Murin-an Gartens
Durch den Garten selbst kann man in Ruhe schlendern. Weiter hinten wartet ein Teich auf die Besucher. Das Wetter war für Fotos zwar nicht optimal, aber trotzdem war das ganz in Weiß gekleidete Moos einen Besuch wert. Wie so oft in der japanischen Architektur ist auch hier der Übergang zwischen Außen- und Innenbereich fließend.
Ansichten des Landschaftsgartens
Richtig schön war an diesem Tag die Aussicht vom Hinterbereich des Gartens. Über kleine Steine überquert man den Teich, doch wenn man quasi halb im Wasser stehend innehält und sich bückt, dann werden die kleinen Schneeinseln zu einer Landschaft für sich:
Schneebedeckte Moosfelder im Teich
Somit war auch dieser Ort - der derzeit nur nach Reservierung zu besichtigen ist - abgeschlossen und es langsam aber sicher Mittagszeit. Vom Murin-an Garten ist es ein Katzensprung bis zum Heian Schrein und den Okazaki Park. Vor dem großen Torii stehend überlegte ich mir kurz, noch die Gärten des Schreins zu besuchen, doch langsam aber sicher viel der Schnee von den Bäumen und es begann zu tauen. Zudem machte sich ein bemerkbares Knurren in der Magenregion breit, weshalb ich in den Zug stieg und erstmal in Richtung Zuhause zurück nach Norden fuhr.
Das große Torii des Heian-Schreins
Der Nachmittag: Ein Spaziergang durch die Nachbarschaft
Mit dem Zug zurück in meiner Nachbarschaft und eine deftige Schüssel Nudelsuppe später dann, trotz zunehemender Müdigkeit, der spontane Entschluss, eine Nachbarschaftsrunde zu unternehmen. Wie eingangs erwähnt ist Kyoto im Winter gekennzeichnet durch ein Mikroklima, das sich v.a. an Schneetagen bemerkbar macht. Während also in der Okazaki Region der Schnee bereits langsam am Schmelzen war, lag hier in Ichijōji noch relativ viel Pulverschnee. Also auf zu den Shisen-dō, Enkō-ji und Manshu-in Tempeln!
Shisen-dō 詩仙堂丈山寺
Der ehemalige Wohnsitz des berühmten Landschaftsarchitekten Ishikawa Jōzan (1583-1672), ist der Shisen-dō Tempel eigentlich immer einen Besuch wert. Während viele japanische Fotografen sich auf den Ausblick aus dem großen Studienzimmer konzentrieren, ist eigentlich der ganze Garten wert, entdeckt zu werden.
Eine Meisterleistung der Landschaftsarchitektur
Teehaus und Bambus
Blick von Außen
Brunnen
Wegsteine
Ansicht vom Unteren Garten
Das Hauptgebäude vom Garten aus gesehen
Koikarpfenteich
Gartendetails
Zu viel Schnee für den Steingarten
Der vordere Garten
Beeren von Schnee bedeckt
Eingangsbereich
Enkō-ji 圓光寺
Direkt neben der Shisen-dō gelegen, ist der Enkō-ji Tempel v.a. zur Herbstlaubsaison populär und (leider) mittlerweile auch ziemlich überrannt. Im Winter ein echter Geheimtipp ist ein Besuch an Schneetagen fast ein Muss. Durch die bereits fortgeschrittene Stunde allerdings war bereits viel Neuschnee von den Ästen gefallen, was dem Tempel eine eher schwere Stimmung gab.
Blick von der Studienhalle zum Garten - ein bei Japanern beliebtes Motiv
Laterne im Schnee
Angezuckerter Baum
Schneeblumen
Brücke
Eingangsbereich
Immer wieder besonders sehenswert ist der kleine Bambushain im Garten, v.a. an Wintertagen. Die Art und Weise, wie der Schnee auf den Bambusbäumen liegen bleibt hat etwas philosophisches an sich. Manchmal erinnert der Schnee an Christbäume, manchmal an Verbindungsringe zwischen den einzelnen Stammelementen.
Bambushaindetails
Manshu-in 曼殊院
Schließlich geht es vom Enkō-ji Tempel noch weiter den Hügel hinauf an den Waldesrand, wo sich der Manshu-in Tempel verbirgt. Einer jener Tempel mit vormals aristokratischem Mönch ist der Manshu-in für seinen Steingarten mit einer langen Pinie bekannt. Für mich persönlich ist dieser Garten mit einer Schneedecke schöner als in anderen Jahreszeiten, auch wenn (ähnlich wie bei den obigen zwei Tempeln) v.a. im November die Gegend von Reisenden überrannt wird. Dieser Besuch war zudem mein erster, bei dem ich ein in den letzten Jahren rekonstruiertes Gebäude samt neuem Garten besichtigen konnte.
Die Mauern des Manshu-in Tempels
Der dem Kaiser vorbehaltene Haupteingang
Der von Schnee bedeckte Steingarten
Zugeschneite Pinie
Weggabelung
Winterlandschaft
Gartendetails
Gartendetails
Gartendetails
Sonnenschein
Innenhof
Der neue Garten
Der neue Garten
Der neue Garten
Der neue Garten
Rekonstruiertes Tempelgebäude
Impressionen aus dem Alltag
Zuletzt noch einige Bilder dieses Tages, die nicht in Tempeln, Schreinen oder Gärten aufgenommen wurden.
Die Hyakumanben-Kreuzung um 7 Uhr
Universität Kyoto
Ein Iglo an der Uni Kyoto - es war Tag der Aufnahmeprüfungen
Der Weg hinter der Shinnyo-do
Haus im Schnee
Das Nomura Museum
Kanal in Okazaki
Die Eizan-Linie bei Ichijoji
Bahnübergang bei Ichijoji
Blick auf den verschneiten Berg Higei
Weg zum Manshu-in Tempel
Weg zum Manshu-in Tempel
Torii
Kleingärten beim Manshu-in Tempel
Blick auf Nordkyoto beim Manshu-in Tempel
Schlussbemerkung
Und hiermit war es langsam 15 Uhr und sowohl meine Energie als auch Füße am Ende. Aus der Furcht, dass um 10 Uhr bereits alles wieder geschmolzen sei, wurde ein relativ langer und sehr intensiver Fototag. Und was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen konnte: es sollten noch 3-4 weitere Tage folgen.
Als im Salzkammergut in einem richtigen Schneeloch aufgewachsener Mensch sind die paar Zentimeter Schnee zwar nichts besonderes für mich, aber in einer Stadt wie Kyoto merkt man schnell, dass 20-30cm Schnee in Verbindung mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt schnell das Leben lahmlegen können.
Auch wenn ich selbst - im Unterschied zu 90% der Passant*innen, die mir an diesem Tag begegneten - ein gutes Schuhwerk und warme Kleidung mein Eigen nenne, so ist selbst das zu Fuß gehen auf den Straßen und Wegen anstrengend und teils richtig gefährlich. Winterdienst? Salzstreuung oder Schotter auf den Straßen? Fehlanzeige. Bei wie eingehends erwähnt Schneetagen wie diesen nur einmal alle 10 Jahre sei dies entschuldigt, doch habe ich heute möglicherweise das erste Mal verstanden, wie hart starker Schneefall für nicht an Winter gewöhnte Regionen sein kann.
Trotz allem vermisse ich im Winter meine Heimat immer am meisten. Auch wenn es durch den Klimawandel wärmer wird, so denke ich gerne an Winter zurück, als wir auch mal 2 oder 3 Meter Neuschnee über Nacht hatten... Vielleicht sollte ich im Winter mal nach Yamagata oder Niigata reisen?
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